![]() ![]() Wieder zun Afang zerück über die CD Waagefährten erzählt von Stef 1994 ergab es sich mehr oder weniger durch Zufall, dass sich für mich die Weichen musikalisch völlig neu stellen sollten, ähnlich wie 20 Jahre zuvor, als ich bei Satori ausstieg und mit Wind, Sand & Sterne begann. Es war die Zeit, als sich das FolkrockDuo mit dem Chemnitzer Urtypen Thomas Herrmann irgendwie tot gelaufen hatte, zumal jeder von uns doch zu einem guten Teil anderen Wurzeln und Vorstellungen anhing. Auf die (witzig gemeinte) Verbindung Keith und Mick ließ sich nicht ewig bauen, wir waren ja eh keine Stones...Vielleicht war die Zeit herangereift, wo man mehr als zuvor zu sich selbst finden musste. Wenn man sich schon all die Jahre dafür reingehängt hatte, dann sollte es auch eine Musik sein, für die man brannte. In dieser Situation erhielt ich bei einem Malzhausgig in Plauen von Jürgen B.Wolf, (Ex-Folkländer / Duo Sonnenschirm) das Angebot für eine W.S.& S.CD. Wir kannten uns aus frühen
Malzhauszeiten. Als einstige Konkurrenzgruppen waren wir
im Osten um 1975 doch auch Vorreiter in Sachen Folk.
Jürgen B.Wolf und Ulli Dobererz hatten nach der Wende
mutig das Löwenzahn Plattenlabel in
Leipzig gegründet, wo sie natürlich außer neuen Leuten
auch speziell solche bringen wollten, die zu
DDRZeiten weniger zum Zug gekommen waren. Das Plattenangebot war da, aber Wind, Sand...stand als Band in den Sternen. Noch in der Zeit mit Tommy hatte ich bei dem früheren Thalheimer Mundartsprecherund Dichter Horst Gläss einige Originalaufnahmen alter Schellackplatten unseres Erzgebirgssängers Anton Günther (1876 1937) gehört und war wie vom Schlag gerührt. Die altbekannten Melodien klangen hier mit einer derartigen Echtheit, die Mundartinterpretation ausdrucksstark und kernig, kein bissel schmalzig! Über die Texte und ihre Zeitgemäßheit mag man streiten die Art und Weise des Vortrags bewegte mich so tief und nachhaltig wie selten zuvor. Auf so etwas naheliegendes aufbauen, das könnte es sein! Neue Songs aus dem Blickwinkel der eigenen Lebenserfahrungen schreiben, mit dem FolkrockHintergrund und dem immer noch vertrauten Dialekt! Einige Mundartballaden hatte ich ja schon Jahre zuvor gemacht, aber sie verschwanden unter den anderen Liedern. Mit Heinz Grömke und Steffan Clausner hatten wir um `78 auch schon ansatzweise mit dem erzgebirgischen Urinstrument Konzertina gearbeitet. Die ErzgebirgsFolkrockidee hatte ich immer im Kopf und sie ließ sich nur mit Leuten realisieren, die für sie einstanden. Es gibt Punkte im Leben, wo man alte Wege verlassen muss, um neue einzuschlagen. Gunther Sonntag, früherer Fahrer der Band, gab mir den Tipp, Christoph Rottloff aus der Versenkung zu locken und dies sollte eine neue Wind, Sand Ära mit ihm, der auf der gleichen Wellenlänge lag, einleiten. Da Christoph aus beruflichen Gründen erst ein Jahr später bandmäßig einsteigen konnte, riet er mir mit den Aufnahmen einfach schon anzufangen, er könne ja noch ins Studio kommen. Außerdem stieß noch der vielseitige Gitarrist Thorsten Reuter, wie Christoph aus Drebach dazu, als er von dem Bandvorhaben erfuhr.
Von Steffan stammte die Idee, dass jeder nur mit meinen Soloaufnahmen per Kassette vertraut aber nicht durch Proben vorbereitet ins Studio kommt. Dort sollte dann aus den spontanen Ideen aller das kreativ Beste entstehen. In Jochen Hübler stand uns auch ein dufter Studiodrummer zur Verfügung. Ich muss zugeben, dass die Aufnahmen anfangs ungewohnt und nicht so einfach für mich waren. Doch bald gingen wir das Ganze lockerer an. Dem gegenüber sitzenden Steffan spielte ich die Stücke zwei oder dreimal vor. Er schaute zu meinen Akkorden rüber und wenig später ging's an die Mikros. Jene Idee, die Basisspuren zunächst unvorbereitet einzuspielen, entpuppte sich bei manchen Liedern wie bei Hinner der Autobah oder Verflossne Gahr als durchaus verheißungsvoll, zumal meinen Mitspielern geniale Sachen einfielen, wie bei den nur punktuellen Drum und Basseinsätzen von Autobah. Aufgrund des legeren Herangehens nahmen wir in Kauf, dass auch ein, zwei dicke Verspieler auf die Spuren gerieten, die wir aber wegen des spontanen Ausdrucks drauf ließen. Bei später erfolgten Soloeinspielungen machte es Mühe, einzelnen Spontanaufnahmen rhythmisch zu folgen. Dem fiel auf der CD leider auch die furiose Temposteigerung am Schluss von Tramptour zum Opfer. Trotzdem machte das Ganze allen
Spaß. Steffan verwendete ausgefallene
Perkussionsinstrumente. Wenn ich mich noch recht
erinnere, brachte er bei Tramptour immer so
einen lustigen Schlag auf einem Pappeimer mit unter.
Klaus Uhlig von den befreundeten Prophets of Prunes,
einer damaligen feinen Grungeband aus Thalheim, später
Dresden, hatte die Spitzenidee mit dem Koffermikro. Bei
Harbstsong und Kält unn`rer Zeit
spielte er alle Instrumente unter dem Pseudonym Will
Wallner über meine Gitarrenund Gesangsparts ein,
erfand Harmonien dazu, die teils gegen meine liefen und
doch genial zusammen passten. Kält erhielt
so einen Velvet UndergroundTouch. Der Titel fiel
aus dem Rahmen, war aber sicher die Würze in der
Suppe. Großen Anteil hatte Christoph auch beim Abmischen, was den zeitraubendsten Teil der Produktion ausmachte. Bei allen Sessions war ich natürlich selbst durchgängig mit dabei. Oft ging es bis tief in die Nacht. Einen Tag vor Drucklegung konnte ich das erhebliche finanzielle Risiko des Ganzen beträchtlich mindern, als der Chef des Flairhotels Blauer Engel und Präsident des EHV Aue, Tilo Unger einstiger SatoriEnthusiast aus dem alten Stützengrün mir einen gewichtigen SponsorenObolus ohne Umschweife gewährte. Am 30.12.94 brachte ich die Aufnahmen nach Leipzig und beide Seiten Löwenzahn und ich unterschrieben nach einer Hörprobe den Plattenvertrag. Jürgen B.Wolf machte das Ganze mit seiner Bookletgestaltung noch zu einem richtig poetischen Album und verstand es, in einem genialen Kurzporträt den Extrakt meiner verschlungenen Musikerjahre locker herauszufiltern. Wir haben uns gegenseitig freie Hand gelassen. Eine einzige Passage von ihm, die ich heute lieber nicht darin hätte, war die über Renft. Auch ich erlebte nach der Wende einmal Monster mit Unbekannten als Renft auftretend und den alten Stücken hausierend, während Letzterer zum Bühnenstatisten degradiert war. Ich fand die Vorstellung traurig. Nach dem ich aber das Buch von Klaus gelesen hatte, empfand ich Sympathie und Anteilnahme für ihn. Hatte ich doch, wie er, durch das System Bespitzelung und Verbote erlebt. Vielleicht kann's die Zeile aus der 169 wieder aufwiegen, wo ich ihn im Moor von St.Niclas verewige? Im Ganzen bin ich froh, dass alles
ein gutes Ende fand. Ohne die Hilfe aller Freunde und
Waaggefährten wäre das Album nur ein
frommer Wunsch geblieben.
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